Erste Leseprobe zu "Hugo III" :)

Kommissar Veitls dritter Fall:

 

Weil's inzwischen deutlich Feierabendzeit war, kehrten Steindl und Veitl noch zusammen im Biergarten auf der Mühleninsel ein. Statt der Resi empfing sie heute ein junger, schlaksiger Kerl, den Steindl noch nie gesehen hatte.

 

"Ja, was is des? Is d'Resi heut gar ned da?", fragte Steindl den Jungen.

 

"Die Resi? Doch. Schon", antwortete der kurz angebunden, mit deutlichem osteuropäischen Akzent. Sein Blick irrte nervös über die vollbesetzten Tischreihen.

 

Steindl fuhr unbeirrt fort: "Ja, weil i bin nämlich Stammgast hier. I hätt gern an Tisch für uns zwei, an der Isar, wenn's geht."

 

"Ein Tisch. Ja. Also. Da is alles voll. An der Isar", der Kellner trat nervös von einem Bein aufs andre.

 

"Für mi hat d'Resi eigentlich immer an Platz", erklärte Steindl nun einen Tick bestimmter. "Vielleicht hol'ma sie mal dazu?"

 

Erleichtert nickte der junge Mann und schob eilig zum Haus hin davon. Steindl und Veitl blieben kopfschüttelnd stehen.

 

"Oh weiha. I mein allerweil, da ham's wieder an neuen Azubi", sagte Steindl gerade im Vertrauen zu Veitl, da kam das schwingende Dirndlkleid von Resi ins Bild.

 

"Mei, jetzad, kommt's mit ihr zwei. I hab freilich an Platz für euch."

 

"Hab i's ned gsagt", triumphierte Steindl. "Es geht halt nix über Vitamin B, ned?"

 

Resi schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. "Fürn Kommissär hamma immer an Tisch. So voll kann's bei uns gar ned sein. Jetz schaut's her. Passt der?"

 

Sie wischte mit der Hand die Tischdecke glatt und ordnete in einer einzigen, routinierten Geste Salz- und Pfefferstreuer, Tischnummernhalter, Besteckkrug und Speisekarte in der Mitte des Tisches ordentlich an.

 

"Habt's an neuen Azubi kriegt?", fragte Steindl.

 

"Naa, der is ausg'lernt. Frag mi aber ned, was und wo der glernt hat. Es is a G'frett", stöhnte Resi. "I schick'n euch glei no zum Essen aufnehmen, gell? Was mögt's denn trinken?"

 

"A Dunkels, mag i heut", erklärte Steindl.

 

"A Radler", bestellte Veitl und widmete sich schon einmal der Speisekarte.

 

"Des wird scho", tröstete Steindl inzwischen. "Hamma alle mal klein angfangen, oder?"

 

Resi nickte düster und ging hinein, die Getränkebestellung weitergeben.

 

"Wenn ma mi fragt, dann is des hier des schönste Fleckerl in ganz Landshut. Ahh... also wenn i da an der Isar sitz und so zur Martinskirchen nüberschau, dann geht's ma gut", seufzte Steindl und lehnte sich entspannt in seinem Biergartenstuhl zurück.

 

"Stimmt scho", pflichtete ihm Veitl bei. "A schöner Biergarten is des."

 

Der neue Kellner kehrte zurück und balancierte auf einem Tablett zwei Halbegläser vor sich her. Erwartungsvoll richteten die beiden Kommissare ihre Blicke auf die kühlen Biere, die er transportierte. Es gelang ihm auch, Steindl das Dunkle richtig zuzuordnen, doch statt Veitl das ersehnte Radler hinzustellen, drehte er sich kommentarlos um und stiefelte mit dem zweiten Glas auf dem Tablett wieder davon. Perplex beobachteten die Kommissare, wie er das Radler an einem anderen Tisch einem Herrn vorsetzte, dessen Begleitung gleichfalls irritiert wirkte, da sie ebenso leer ausging.

 

"Was war jetz des?", kommentierte Veitl.

 

Kurz darauf sahen sie, wie der blonde Bürstenkopf des Kellners - zu den tausenden Landshuter Hochzeitern gehörte er offensichtlich schon mal nicht - erneut erschien: wieder mit einem Tablett, wieder mit zwei Gläsern bestückt und dieses Mal hatte er auch ein Radler für Veitl übrig. Das zweite stellte er der Frau am andren Tisch vor die Nase.

 

Steindl schüttelte amüsiert den Kopf. "So, na dann, also Prost!"

 

Sie ließen die Gläser klingen und konzentrierten sich erst einmal jeder auf sein Bier.

 

"Seltsam des Bürscherl", stellte Veitl fest, nachdem er sich genüsslich den Schaum von der Oberlippe gewischt und das in einem Zug halb geleerte Glas wieder abgestellt hatte.

 

"Irgendwie scho", stimmte Steindl ihm zu. "Gar ned typisch für hier. Ham'S gsehen, wie der sei Lederhosen trägt?"

 

"Ja, auf halbe achte und sei Unterhosn pludert hinten raus. Wenn der ned a Kellnertaschn an am Gürtel umbunden hätt, würd er's eh verliern. Irgendwie schaut der mehr aus, als würd er den ganzen Tag in da Muckibude verbringen, anstatt zu arbeiten."

 

Steindl musterte den Kellner noch mal im Vorbeieilen. "Richtig gehend arbeiten tut der hier eh a ned", stellte er fest, denn der junge Mann stand ratlos mit einem Teller mitten im Biergarten. Schließlich kehrte er unverrichteter Dinge mit dem vollen Teller wieder ins Haus zurück. Kaum war er verschwunden, schoss Resi durch die Tür, selber drei Teller in einer Hand und seines in der anderen. Sie brachte alle vier an den Mann und kehrte dann auf dem Rückweg zu ihrem Lieblingsstammgast zurück.

 

"Mei, regt mi der auf!", schnaufte sie. "Jetzt hat er eh scho de einfachste Station mit de kürzesten Wege und dann muss i ihm immer no alles nachtragen. Da kann i des ja glei selber machen. Aber 's Trinkgeld schiebt er scho ein! Habt's ihr alles, sagt's? Hat er scho's Essen aufgnommen?"

 

"Naa, aber immerhin hamma jetzt was zum Trinken kriegt", witzelte Steindl, der heute in bester Laune war.

 

"Was wollt's denn?", fragte Resi.

 

Steindl bestellte: "I hätt gern an Wurstsalat, bitte. An Schweitzer."

 

Veitl nutzte die Tatsache, dass er nicht unter Margaretes strenger Aufsicht war, und orderte: "A Schweinshaxn."

 

"Bring ma euch. Lasst's euch bitte von dem Chaos heut ned aus der Ruh bringen, gell?", säuselte Resi und Steindl antwortete augenzwinkernd: "Des mach'ma scho ned. Da hat's keine Gefahr."

 

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